Offener Brief an CSU-Landesleitung, Horst Seehofer März 2016

Der offene Brief an die CSU-Landesleitung wurde von den namentlich aufgeführten CSU-Mitglieder unterschrieben

Die unten genannte Unterzeichnenden des CSU-Ortsverbandes Lindenberg
Säntisweg 37
88161 Lindenberg


Horst
Seehofer                                                                                                              15.03.2016
CSU Landesleitung
Mies-van-der-Rohe-Str. 1
80807 München


Nachrichtlich an:

Zweites Exemplar an Herrn Generalsekretär Andreas Scheuer,
Herrn MdB Dr. Gerd Müller, 
Herrn MdEP Markus Ferber, 
Herrn MdL Eberhard Rotter,
Herrn MdL Eric Beißwenger, 
Herrn Landrat Elmar Stegmann, 
Herrn CSU-Kreisvorsitzender Ulrich Pfanner


Sehr geehrter Herr Parteivorsitzender Seehofer,

in zunehmenden Maße müssen wir im Rahmen unserer parteipolitischen Basisarbeit feststellen, dass trotz CSU-Alleinregierung im Land und CSU-Regierungsbeteiligung im Bund seit geraumer Zeit – momentan jedoch vermehrt – landes- sowie bundespolitische Entwicklungen, auf nahezu allen Politikfeldern, bei der Bevölkerung auf Unverständnis, sowie bei uns als Parteimitgliedern auf Missfallen stoßen. Auch hinblickend auf die Wahlen in 2017 und 2018 nehmen wir dies zum Anlass, Ihnen in diesem Schreiben nur ein paar dieser politischen Fehlentwicklungen kurz darzulegen, in der Hoffnung, damit bei Ihnen ein Gegensteuern anzuregen, damit sich das CSU-Wählerklientel auch wieder durch die CSU vertreten fühlen kann.

Migration:
Derzeitiges Hauptthema – wie wahrscheinlich landesweit – stellt die Asylpolitik dar. Auch nach nahezu einem halben Jahr, mehr oder weniger chaotisch koordinierter, „Flüchtlingskrise“ lassen sämtliche vorgeschlagene Handlungsansätze leider keine für die heimische Bevölkerung und die Schutzsuchenden zufriedenstellende Lösung – auch nur im Ansatz – erwarten. Die Sicherheitsbedenken in der Bevölkerung sind enorm und die finanziellen Auswirkungen der Migration nicht plausibel dargestellt, da die benötigten Gelder an anderen Stellen eingespart werden müssen, was durchaus bereits Unmut hervorruft.

Europa:
Europapolitisch sieht die Bilanz auch nur unwesentlich besser aus. Die Milliardenzahlungen an Griechenland im vergangenen Jahr sind einem Großteil der Bevölkerung äußerst sauer aufgestoßen. Anderen Nationen (siehe Großbritannien kürzlich) werden nach EUAustrittsdrohungen Sonderbedingungen eingeräumt und wir Deutschen als größter Nettobeitragszahler als Gegenleistung mit EU-Rechtsvorschriften gegängelt. Gemäß dem Motto „Wer zahlt schafft an!“ wäre hier durchaus mehr Durchsetzungsvermögen und Verhandlungsgeschick zu erwarten.

Landwirtschaft:
Auch im Bereich der Agrarpolitik wurden unter CSU-Beteiligung fatale Entscheidungen getroffen, ohne dass an anderer Stelle sinnvoller Ausgleich geschaffen wurde. Als Leidtragende hiervon ist unter anderem die in unserer Region stark vertretene Milchwirtschaft zu nennen. Die derzeit sehr begrenzt zur Verfügung gestellten Fördermittel und eine schleppende Auszahlung derselben (z.B. Kulturlandschafts- programm) verschärfen die wirtschaftliche Lage der Landwirte zusätzlich. Darüber hinaus sind die zunehmenden Dokumentations- und Fortbildungsauflagen sowie eine Fülle von, teilweise fachlich äußerst fragwürdigen, Verordnungen und Auflagen nahezu nicht mehr tragbar. Vorstöße aus dem CSU-geführten Bundeslandwirtschafts- ministerium (z.B. Transportverbot tragender Rinder) können vom sachkundigen Betrachter meist nicht nachvollzogen werden.

Energie:
Von weiten Teilen der CSU-Wählerschaft wurden Atomausstieg und Energiewende mitgetragen bzw. zumindest akzeptiert. Die von der bayerischen Staatsregierung durchgeführte Trassenfindung für die benötigten Starkstromleitungen, mit den unzähligen Planungsvarianten, jedoch nicht. Zusammen mit den erheblichen gesetzlichen Einschränkungen bei der Errichtung von EEG-Anlagen (überzogene Anforderungen an Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen und dergleichen) muss der politische Wille zu einem Ausstieg aus den fossilen und atomaren Energieträgern durchaus in Zweifel gezogen werden.

Wirtschaft / Handel:  
Von Seiten der kleinen und mittelständischen Unternehmen wird neben den stetig steigenden Abgaben seit langem ein rasant zunehmender bürokratischer Aufwand bemängelt, der jedoch mit der in dieser Legislaturperiode eingeführten Aufzeichnungspflicht zum Mindestlohn seinen bisherigen Höhepunkt fand. Ein weiterer Kritikpunkt stellt die offizielle CSU–Haltung bezüglich des Freihandelsabkommens TTIP dar. Dieses Abkommen lässt nicht nur Eingriffe in die bisherigen Gesetzgebungs- und Regelungskompetenzen erwarten, sondern gefährdet überdies die bewährten Standards unter anderem in den Bereichen Verbraucherschutz, Arbeitnehmerschutz, Datenschutz und Tierschutz. Die bisher abzuschätzenden Auswirkungen durch TTIP werden gerade unsere kleinen und mittelständischen Betriebe in Landwirtschaft, Handwerk und Dienstleistung gefährden und damit strukturschwache Regionen in besonderem Maße belasten. Deshalb muss das Freihandelsabkommen klar abgelehnt werden.

Es ist uns durchaus bewusst, dass (gerade auf Bundesebene im Koalitionsbetrieb) bisweilen Kompromisse geschlossen werden müssen, allerdings vermissen wir derzeit ein bestimmtes, zielorientiertes und konsequentes Eintreten für die Belange der bürgerlichen CSUWählerschaft. Darüber hinaus wäre unser Wunsch, dass Vorschläge und Beiträge unserer gewählten Funktions- und Mandatsträger wieder eher aus fundierten Faktenprüfungen und Konsequenzenabwägungen hervorgehen, anstatt auf die schnelle Medienwirksamkeit abzuzielen.
Von den derzeit durchaus passablen Umfrageergebnissen unserer Partei sollte man sich nicht täuschen lassen. Diese sind vielmehr auf Tun und Handeln der Oppositionsparteien, als auf die Stärke der CSU zurückzuführen und eine deutliche Tendenz zu „Protestwahlen“ lässt sich selbst in unseren Reihen bereits feststellen.

Die oben angesprochenen Kritikpunkte werden Ihnen – hoffentlich – überwiegend bewusst sein. Sollte dem nicht so sein, sind wir gerne bereit, Ihnen diese im politischen Diskurs detaillierter darzulegen.

Mit freundlichen Grüßen aus dem Allgäu!

Name:Adresse:Funktion:Unterschrift:
Windhaber HanneloreSäntisweg 37
88161 Lindenberg
CSU-Ortsvorsitzende
Lindenberg;
CSU-Stadträtin
 
Fabert OlafFinkenweg 20
88161 Lindenberg
Stellv.
CSU-Ortsvorsitzender
Lindenberg
 
Schneider KlausKellershub 11
88161 Lindenberg
Beisitzer
CSU-Ortsvorstand
Lindenberg
 
Fink MartinManzen 11
88161 Lindenberg
Schriftführer
CSU-Ortsvorstand
Lindenberg
 
Wiedemann AntonMarktstraße 5
88161 Lindenberg
Stellv.
CSU-Ortsvorsitzender
Lindenberg;
CSU-Stadtrat
 
Schneider JohannesKellershub 11
88161 Lindenberg
CSU-Mitglied  
Schneider AlfonsHochgratstraße 26f
88161 Lindenberg
Schatzmeister
CSU-Ortsverband
Lindenberg
 
Gehring LudwigHauptstraße 82
88161 Lindenberg
Sprecher
CSU-Stadtratsfraktion
Lindenberg